»Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e. V. und Zentrum selbstbestimmt leben Sachsen e. V.«
Frage 10

Zwangsbehandlung und Freiheitsentzug in Pflege und Eingliederungshilfeeinrichtungen sowie in psychiatrischen und forensischen Institutionen ist menschenrechtswidrig und muss durch Alternativen ersetzt werden.


Antwort von »BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Sachsen« vom 09.07.2024:

Wir BÜNDNISGRÜNE setzen uns dafür ein, dass Einrichtungen der Pflege und Eingliederungshilfe und psychiatrischen und forensischen Institutionen Konzepte entwickeln und umsetzen, die Zwangsbehandlungen und andere freiheitsentziehende oder freiheitsbeschränkende Maßnahmen vermeiden und die Selbstbestimmung der Betroffenen fördern. Die Freiheits- und Schutzrechte von Menschen mit Behinderungen, wie sie in der UN-Behindertenrechtskonvention festgeschrieben sind, müssen besser geachtet und geschützt werden. Zwangsbehandlungen sowie freiheitsbeschränkende oder freiheitsentziehende Maßnahmen sind massive Eingriffe in die Grundrechte und sollen durch vorgelagerte Maßnahmen und alternative Hilfen ersetzt werden. Es muss stets aus der Perspektive im Sinne der betroffenen Person gehandelt werden, und Maßnahmen müssen ihrem Wohl dienen. Zwangsbehandlungen sowie freiheitsbeschränkende oder freiheitsentziehende Maßnahmen dürfen ausschließlich als letztes Mittel in Betracht kommen, wenn mildere oder alternative Maßnahmen gescheitert sind oder nicht ausreichen, um eine Selbst- und/oder Fremdgefährdung zu verhindern. Solche Maßnahmen dürfen nur unter strengen gesetzlichen Vorgaben und Kontrollen angewendet werden. Das Vorliegen einer Behinderung rechtfertig in keinem Fall eine Freiheitsentziehung. Es sollen alternative Möglichkeiten genutzt und ausgeschöpft werden, die Betroffene weniger in ihrem Recht auf Bewegungsfreiheit einschränken und dennoch ihren Schutz gewährleisten. Ein Beispiel hierfür sind abgesenkte Betten oder Lichtschranken, die das Verlassen des Bettes anzeigen, anstelle von „Bettgittern“. Wir wollen mehr Sensibilisierung und verpflichtende Schulungen für Pflegepersonal, um sicherzustellen, dass alternative Maßnahmen bekannt sind und angewendet werden. Darüber hinaus setzen wir uns für wohnortnahe, ambulante psychosozialen Angebote und Krisenhilfen ein, insbesondere für Menschen mit komplexeren Problemlagen und langfristigen Beeinträchtigungen. Es muss ein effektiver Rechtsschutz für die Betroffenen sichergestellt werden. Transparenz- und Informationspflichten für freiheitsbeschränkenden und freiheitsentziehenden Maßnahmen, sowie entsprechende Kontrollverfahren müssen gesetzlich verankert werden. Zudem sollen Beschwerdeverfahren und unabhängige Beschwerdestellen etabliert werden, an die sich Betroffene wenden können. Mit dem Sächsischen Wohnteilhabegesetztes und der Novellierung des Sächsisches Psychisch-Kranken-Gesetzes in dieser Legislatur wurden Gewaltschutzkonzepte gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention verankert. Das Wohnteilhabegesetz schützt Bewohnerinnen und Bewohner nun besser vor Gewalt, Missbrauch, Ausbeutung und Diskriminierung. Informations- und Beratungspflichten der Heimaufsichtsbehörde wurden erweitert. Freiheitsbeschränkenden sowie freiheitsentziehenden Maßnahmen ist vorzubeugen und sie sind zu vermeiden. Träger von Einrichtungen und Anbieter von ambulant betreuten Wohngemeinschaften sind verpflichtet, interne Beschwerdeverfahren einzurichten sowie ein Gewaltschutzkonzept zu erstellen. Wenn freiheitsbeschränkende oder freiheitsentziehende Maßnahmen vorgesehen sind, muss der Träger oder Leistungsanbieter im Konzept Möglichkeiten zur Vermeidung dieser Maßnahmen aufzuzeigen. Die Landtagsfraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN hat sich dafür eingesetzt, dass Beschäftigte regelmäßig hinsichtlich dieses Konzepts zu schulen sind.

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