»Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe Sachsen e. V.«
Frage 3

Wie werden Sie sicherstellen, dass die Forderungen des UN-Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen aus der letzten Staatenprüfung zum Artikel 24 „Bildung“ im Freistaat Sachsen umgesetzt werden?


Antwort von »BÜNDNIS90/DIE GRÜNEN Sachsen« vom 09.07.2024:

Wir BÜNDNISGRÜNE wollen, dass alle Menschen zusammen leben und lernen können, egal woher sie kommen, welche Sprache sie sprechen oder ob sie eine Behinderung haben. Junge Menschen mit Behinderungen sollen gleichberechtigten und diskriminierungsfreien Zugang zu einem inklusiven, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben. Die Parallelität von Förderschulsystem und Schulen des gemeinsamen Lernens ist aus unserer Sicht der teuerste und oftmals – für viele der jungen Menschen – nicht der beste Weg. Wir nehmen zur Kenntnis, dass ein Rückbau der Förderschulen sowohl von einigen Eltern von Kindern mit Behinderungen als auch von der CDU, dem größten Koalitionspartner, nicht gewollt war und ist, weshalb wir BÜNDNISGRÜNE uns auf das Gelingen der inklusiven Bildung konzentrieren. Ein wichtiger Schritt in Richtung eines inklusiven Schulsystems war die Abschaffung der Förderschulpflicht 2017. Mit der Schulgesetzänderung 2022 haben wir ein Entscheidungsrecht der Schulaufsicht eingeführt, das greift, wenn es keine Einigung über den Ort der inklusiven Beschulung gibt. Dadurch soll verhindert werden, dass Familien von Schule zu Schule geschickt werden und das Kind am Ende ohne Schulplatz dasteht. Die überall eingerichteten Kooperationsverbünde wollen wir weiterentwickeln, um eine inklusive Beschulung in allen Förderschwerpunkten wohnortnah zu sichern. Wir sehen Inklusion als eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und damit auch als Aufgabe für alle Schulen und Schularten gleichermaßen. Deshalb wollen wir auch Gymnasien für den lernzieldifferenten Unterricht öffnen. Pädagogische Fachkräfte sollen umfassend zum Thema Inklusion aus-, fort- und weitergebildet werden. Das umfasst diagnostische Kompetenzen ebenso wie binnendifferenzierte Arbeit in Gruppen oder Klassen und den Umgang mit Heterogenität. Wir wollen ein Modul für inklusive Pädagogik in allen Lehramtsstudiengängen einführen und das Förderschullehramt zu einem Lehramt für inklusive Pädagogik weiterentwickeln. Auch für bestehende Lehrkräfte sollen verpflichtende Fortbildungen angeboten werden. Die Anzahl der Studienplätze im Lehramt Sonderpädagogik soll konstant bleiben. Den Weg der Regionalisierung in allen Phasen der Lehrkräftebildung setzen wir fort, um pädagogische Fachkräfte dort auszubilden und zu binden, wo sie gebraucht werden. Zur Unterstützung der Lehrkräfte und zur Förderung eines inklusiven Lernumfelds wollen wir mehr Inklusionsassistent*innen und pädagogische Fachkräfte in allen Schulen. An allen Schulen soll es sonderpädagogische Expertise geben. Erfolgreiche Schüler*innen in den Förderschwerpunkten Lernen und geistige Entwicklung sollen den Hauptschulabschluss bekommen können. Eine Grundvoraussetzung für gelingende Inklusion ist umfassende Barrierefreiheit: barrierefreie Schulbauten ebenso wie inklusive Lehr- und Lernmaterialien, Bildungsmedien und -technologien. Es ist notwendig, die Finanzierung für barrierefreien Neubau und Sanierung von Schulen zu erhöhen. Ebenso müssen die personellen und materiellen Ressourcen für den inklusiven Unterricht angepasst werden. Wir setzen uns dafür ein, dass inklusiv arbeitende Schulen pauschale Zuweisungen erhalten, die sie nach Bedarf vor Ort in zusätzliche räumliche oder personelle Kapazitäten investieren können, in Ergänzung zu Gewichtungsfaktoren bei der Klassenbildung und Integrationsstunden. Für den freigestellten Schülerspezialverkehr könnte ein Sonderlastenausgleich greifen, wie er bis 1994 in Sachsen galt. Eine Entlastung für die Landkreise und kreisfreien Städte wäre auch durch eine Erhöhung des Landesanteils im Ausbildungsfinanzierungsgesetz oder zumindest durch eine Dynamisierung gegeben. Langfristig muss es ein Ziel bleiben, die Schülerbeförderung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen weitgehend in den allgemeinen Linienverkehr zu integrieren. Ein Erfolg unserer ersten Regierungsbeteiligung ist die Berufung einer Ombudsperson gegen Diskriminierung an Schulen in Sachsen. Betroffene können sich an diese Stelle wenden, wenn sie Diskriminierungserfahrungen machen und Unterstützung suchen. Wir wollen diese Stelle besser unterstützen und bekannter machen.

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